Elsevier-Verlag schießt mit 15-Mio.-$-Klage gegen Schattenbibliothek

Christian Kahle, 19.05.2017 12:43 Uhr 18 Kommentare
Der Wissenschaftsverlag Elsevier versucht nun nicht mehr nur mit Abschaltungs-Verfügungen gegen zwei große Open Access-Plattformen vorzugehen. Jetzt zieht das Unternehmen auch mit millionenschweren Schadensersatzforderungen gegen Sci-Hub und LibGen ins Feld. Sci-Hub steht inzwischen seit einigen Jahren im Mittelpunkt einer Auseinandersetzung in der Wissenschaftswelt um Urheberrechte. Die Plattform wurde von Alexandra Elbakyan aus Kasachstan gegründet, die sich darüber ärgerte, dass sie im Zuge ihrer Forschung auf die Arbeiten zahlreicher Kollegen nicht zugreifen konnte. Denn deren Papers wurden in Journals der Wissenschaftsverlage publiziert, die wiederum nur gegen teure Abo-Gebühren erworben werden können.

Viele Universitäten - insbesondere solche in weniger stark entwickelten Ländern - können es sich einfach nicht leisten, jedes Journal zu abonnieren und in ihre Bibliothek zu stellen. Unter der Hand werden daher ohnehin schon seit Jahren benötigte Papers unter Wissenschaftlern verschiedener Unis getauscht - je nachdem, wo diese gerade verfügbar sind. Sci-Hub begann nun damit, die Forschungs-Papers auf einer zentralen Plattform zu sammeln und allgemein verfügbar zu machen.

Lukratives Geschäftsmodell in Gefahr

Für die Wissenschaftsverlage - allen voran Elsevier als einem der größten Vertreter dieser Zunft - bedeutet das natürlich eine extreme Bedrohung ihres einträglichen Geschäftsmodells. Diese haben mit der Vermittlung von Peer-Reviews nur einen relativ überschaubaren Aufwand, kassieren aber sowohl von den publizierenden Forschern als auch wiederum von den Abonnenten ihrer Journals satte Gebühren. Elsevier versucht daher schon länger, Sci-Hub abzuschießen - was aber nicht funktioniert, da die Behörden in Kasachstan sich nicht als verlängerten Arm der US-Justiz begreifen.

Daher fährt man nach mehreren erfolglosen Schließungs-Versuchen nun härtere Geschütze auf, wie aus einem Bericht von TorrentFreak hervorgeht. Für die entgangenen Abo-Einnahmen wird nun Schadensersatz in Höhe von 15 Millionen Dollar gefordert. Beispielhaft werden in der Klageschrift 100 Papers aufgeführt, die auf Sci-Hub frei zugänglich gemacht wurden. Für jedes von ihnen will Elsevier 150.000 Dollar geltend machen.

Die Elsevier-Anwälte erklären die hohen Forderungen auch damit, dass Elbakyan nicht etwa meint, in einer Grauzone zu agieren, sondern öffentlich erklärt hat, dass ihr sehr bewusst ist, dass ihre Plattform illegal ist. Trotzdem macht die Kasachin weiter - zum Wohle des freien Austauschs in der Wissenschafts-Community. Angesichts der neuen Klagen teilte sie sicherheitshalber mit, dass Sci-Hub nach einer eventuellen Abschaltung aller herkömmlichen Domains auch über die Adresse "scihub22266oqcxt.onion" im Tor-Netzwerk zu finden sei.

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