Im Berliner Politikbetrieb wurden nach neueren Informationen weitaus mehr Mobiltelefone ausspioniert, als bisher bekannt wurde. Unter anderem soll auch mindestens ein Bundestagsabgeordneter betroffen sein, der für die Kontrolle der Geheimdienste zuständig ist.
Ermittler, die vor einiger Zeit in die Sache eingeschaltet wurden, gehen dem Verdacht nach, dass es einen Zusammenhang zur amerikanisch-deutschen Spionageaffäre geben könnte, berichtet das Nachrichtenmagazin Der Spiegel in seiner heutigen Ausgabe. Demnach bemerkte die engste Mitarbeiterin des Linken-Politikers Steffen Bockhahn schon im Sommer des letzten Jahres Manipulationen an ihrem Handy.
Unbekannte sollen dabei die komplette SMS-Kommunikation zwischen ihr und dem Abgeordneten durchforstet haben. Außerdem wurde wohl gezielt nach dienstlichen E-Mails mit Bezug zum Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages gesucht. Bockhahn gehörte dem Gremium in der vergangenen Legislaturperiode an. Er zählte zu den entschiedensten Kritikern des US-Geheimdienstes NSA, nachdem deren Aktivitäten in Deutschland durch die Enthüllungen von Edward Snowden bekannt wurden.
Seit dem August letzten Jahres sind das Bundeskriminalamt und das Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern mit der Aufklärung der Ausspionierung von Handys bei deutschen Poitikern durch US-Geheimdienste betraut. Ermittelt wird dabei wegen des Verdachts auf Computersabotage und des Auskundschaftens von Staatsgeheimnissen. Hochrangige Regierungsbeamte vermuteten, "dass es sich um eine Geheimdienstoperation handelt", sagte Bockhahn gegenüber dem Spiegel.
Auch NSA-Untersuchungsausschuss unter Beobachtung
Auch der Obmann der Unions-Fraktion im NSA-Untersuchungsausschuss, Roderich Kiesewetter, teilte mit, eine technische Überprüfung seines Handys habe ergeben, dass unbekannte Dritte darauf Zugriff hätten. Der Ausschuss-Vorsitzende Patrick Sensburg (CDU) sagte, nach den jüngsten Spionagefällen fürchte er einen "Dominoeffekt": "Ich bin mir sicher, dass in den nächsten Wochen und Monaten noch mehr rauskommen wird und dass dabei nicht nur Amerika im Fokus stehen wird." Die Bundesregierung will wegen der zusätzlich aufgetauchten Vorfälle in allen Bundesministerien nach Schwachstellen in der Kommunikationstechnik sowie nach Spuren von Spionagetätigkeit aus Richtung der USA suchen lassen.