James Webb entdeckt Galaxien, die es eigentlich nicht geben dürfte

Witold Pryjda, 23.02.2023 12:55 Uhr 11 Kommentare
Das James-Webb-Teleskop versieht seit einem Jahr seinen Dienst im All und man kann sicher schon jetzt davon sprechen, dass es alle Erwartungen übertroffen hat. Das gilt vor allem für die wissenschaftlichen Entdeckungen, denn die sind zahlreich, aber teils auch überraschend. Seit rund einem Jahr befindet sich das Weltraumteleskop auf seiner Position im Orbit und hat es sich dort auch "gemütlich" gemacht, indem alle Systeme gestartet und auch die Spiegel ausgerichtet worden sind. Seither bekommt die Öffentlichkeit immer wieder faszinierende Aufnahmen des Universums zu sehen.

Noch wichtiger ist das gemeinsam von der US-amerikanischen NASA, der europäischen ESA und der kanadischen CSA betriebene Teleskop für die Wissenschaft. Denn Astronomen und andere Forscher können damit tief in den Weltraum blicken. So bekommen sie viele Antworten auf Fragen zur Entstehung des Universums.

Galaxien, die es nicht geben dürfte

Doch mitunter fallen diese Antworten fundamental anders aus als erwartet - und führen zu neuen Fragen. Denn laut einer neuen, in Nature veröffentlichten Studie, hat ein Team internationaler Astrophysiker Galaxien entdeckt, die keiner erwartet hat, weil es diese eigentlich nicht geben dürfte.

In der Nähe von Ursa Major (hierzulande vor allem als Großer Wagen bekannt) haben die Wissenschaftler sechs potenzielle Galaxien entdeckt, die nur 500 bis 700 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden sind. Das bedeutet, dass diese ein Alter von rund 13 Milliarden Jahren haben könnten. Das ist aber nicht das eigentlich Merkwürdige daran, so die Astrophysiker. Laut ihren Berechnungen haben diese Galaxien nämlich so viele Sterne wie unsere wesentlich später entstandene Milchstraße.

James Webb Space Teleskop
Die sechs Aufnahmen, die Astrophysiker derzeit vor Rätsel stellen

Die Wissenschaftler erklärten, dass sie nach der derzeitigen kosmologischen Theorie nicht existieren dürften, da es zu dieser Zeit nicht genug Materie gegeben habe, um derart große Galaxien zu bilden. "Wir haben zum ersten Mal einen Blick auf das frühe Universum geworfen und wussten nicht, was wir dort finden würden. Es stellte sich heraus, dass wir etwas so Unerwartetes gefunden haben, dass es der Wissenschaft sogar Probleme bereitet. Es stellt das gesamte Bild der frühen Galaxienbildung infrage", erläutert Joel Leja, einer der Autoren der Studie, gegenüber Space.

Laut Leja habe man bestimmte Erwartungen an die Art der Galaxien des frühen Universums gehabt, nämlich "jung und klein". Derartige Galaxien erscheinen auf den Aufnahmen in der Regel als blaue Punkte, im vorliegenden Fall wurden aber eben sechs rote entdeckt - und diese deuten auf die "falschen" Galaxien hin.

Doch etwas anderes?

Die Studie ist bisher nur vorläufig veröffentlicht worden, die beteiligten Wissenschaftler räumen auch ein, dass es sich bei den entdeckten roten Punkten unter Umständen um etwas anderes handeln könnte, etwa schwache Quasare oder supermassive schwarze Löcher. Ebenfalls möglich ist, dass sie kleiner sind als zunächst berechnet. Das Team teilte deshalb mit, dass man mehr Daten benötigt und seine Ergebnisse durch Spektroskopie verifizieren muss. Sie rechnen, dass sie irgendwann im nächsten Jahr eine offizielle Bestätigung haben könnten.

Zusammenfassung
  • Seit rund einem Jahr befindet sich das James-Webb-Teleskop im All.
  • Es liefert faszinierende Aufnahmen und wissenschaftliche Erkenntnisse.
  • Ein Team entdeckte sechs Galaxien, die nicht existieren sollten.
  • Sie sind 500-700 Mio. Jahre nach dem Urknall entstanden.
  • Die Galaxien haben nach derzeitigem Kenntnisstand zu viel Materie.
  • Wissenschaftler benötigen weitere Daten zur Verifizierung.
  • Im nächsten Jahr könnte es eine offizielle Bestätigung geben.

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