Lepra-Bakterien können Organe kontrolliert nachwachsen lassen

Christian Kahle, 21.11.2022 16:39 Uhr 2 Kommentare
Leprabakterien gelten als eine der größten Geißeln der Menschheit, immerhin brachten sie Infizierten lange Zeit einen Ausschluss aus der sozialen Gemeinschaft ein. Jetzt zeigt sich allerdings, dass auch sehr positive Potenziale in ihnen schlummern. Forscher haben entdeckt, dass Lepra-Erreger teilweise innere Organe ihrer Wirte zu einem gesunden Wachstum anregen. Das ist eigentlich eine recht egoistische Fähigkeit, da es vor allem darum geht, mehr Gewebe zu bekommen, das für die eigene Art als Besiedlungsraum genutzt werden kann. Der Mechanismus dahinter hat allerdings großes Interesse bei den Wissenschaftlern hervorgerufen, berichtet die BBC.

Denn während sonst krankhafte Defekte zu einem unkontrollierten Wachstum in Form von Tumoren führen, läuft das Wachstum hier sehr geordnet und kontrolliert ab. Das könnte letztlich ermöglichen, fehlendes Gewebe innerer Organe auf natürliche Weise nachwachsen zu lassen. Wenn es gelingt, diese Fähigkeit nachzubilden, könnte man zukünftig Organe regenerieren oder nachwachsen lassen, wenn diese beispielsweise durch einen Unfall oder eine Operation in Mitleidenschaft gezogen wurden.


Fund im Gürteltier

Entdeckt haben die Forscher diese Fähigkeit der Lepra-Erreger allerdings beim Gürteltier. Dieses ist das einzige Lebewesen, das neben dem Menschen von der Krankheit infiziert werden kann. "Das war völlig unerwartet", sagte Anura Rambukkana vom Zentrum für regenerative Medizin der Universität Edinburgh. Die Ergebnisse, die in Cell Reports Medicine veröffentlicht wurden, zeigen, dass sich die Leber in ihrer Größe fast verdoppelt hat.

Man könnte erwarten, dass ein solches Wachstum krebsartig ist - aber eine detaillierte Analyse zeigte, dass das Gewebe sowohl gesund als auch funktionsfähig war - komplett mit der üblichen Anordnung von Blutgefäßen und Gallengängen. Damit dies gelang, versetzten die Lepra-Bakterien die Leberzellen quasi in ein jugendliches Stadium zurück, in dem das Wachstum der Organe noch nicht abgeschlossen ist. Wie genau sie das tun, ist bisher allerdings rätselhaft. Die Forscher versuchen, dem auf die Spur zu kommen.

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