Ukraine: Wie Hacker russische Militär-Stützpunkte ausfindig machen

Christian Kahle, 05.09.2022 08:38 Uhr
Bei der Verteidigung des Landes gegen die russischen Invasoren kann das ukrainische Militär auch auf umfassende Unterstützung aus der Zivilgesellschaft zurückgreifen. So beispielsweise auf die eines Security-Unternehmens, das kurzfristig zahlreich Hacker einstellte. Ein Bericht der britischen Wirtschaftszeitung Financial Times zeigt, wie es diesen gelang, eine ganze Reihe russischer Stützpunkte ausfindig zu machen. Dabei griffen sie unter anderem auf Sicherheitslücken zurück, die von der Security-Branche seit langer Zeit immer wieder angemahnt werden, bei denen sich allerdings kaum Fortschritte zeigen.

Demnach nutzten die Hacker Schwachstellen in tausenden Überwachungskameras, die in Belarus und den russisch besetzten Regionen der Ukraine zahlreiche private Objekte wie Geschäfte und Wohngrundstücke im Blick behalten und ihre Bilder an Cloud-Dienste streamen. Aber auch Verkehrskameras, die ihre Bilder nicht gut vor Unbefugten abschirmten, dienten als gute Datenquelle.


KI filtert relevante Fahrzeuge

Zur Auswertung des umfangreichen Bildmaterials wurde eine KI trainiert, die unter anderem militärische von zivilen Fahrzeugen unterscheiden kann. Auf diese Weise ließen sich Orte herausfiltern, an denen es zu erhöhten Konzentrationen kam, was darauf hindeutete, dass man hier in die Nähe eines Knotenpunktes kam. So konnten verschiedene Basen lokalisiert und vor allem auch ihr Tätigkeitsschwerpunkt herausgearbeitet werden. Über das Internet bekam man ebenso gute Einblicke, wie man sie bisher nur durch einen Spion vor Ort erhielt.

Neben solcher Datenauswertung griffen die Hacker aber auch auf klassisches Social Engineering zurück. In einem Fall setzten sie in sozialen Medien Fake-Profile vermeintlicher attraktiver junger Frauen ein, um Kontakt zu russischen Soldaten zu bekommen. Diese brachte man dann dazu, mit dem Smartphone Fotos von sich zu machen und der angeblichen neuen Bekanntschaft zuzuschicken. Auf diese Weise wurden die Geo-Koordinaten militärischer Stützpunkte enttarnt und an das ukrainische Militär weitergegeben. Wenige Tage später sahen die Hacker in den Fernsehnachrichten, dass der Standort mit Artillerie unter Beschuss genommen wurde.

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