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Studie unter Harvard-Juristen: Online-Piraterie ist kein Diebstahl

Eine umstrittene Kampagne der deutschen Content-Industrie meinte vor Jahren, dass "Raubkopierer" Verbrecher sind, ähnliche Behauptungen gab es auch in vielen anderen Ländern. Gleich 50 Rechtsexperten der renommierten Universität Harvard widersprechen dem nun.
27.06.2022  09:32 Uhr
Es hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass Begriffe wie "Raubkopierer" für Vergehen wie Filesharing und Urheberrechtsverstöße nicht zutreffend sind, weil hier eben kein physischer Raub stattfindet. Die Industrie tut natürlich nichts, um dieses Falschbild zu entzerren, auch wenn man inzwischen weitgehend auf Kampagnen wie "Raubkopierer sind Verbrecher" verzichtet. Eine Studie, die unter Anwälten und Rechtsexperten der renommierten US-Universität Harvard durchgeführt worden ist, kommt nun zum Ergebnis, dass diese zum Großteil nicht der Meinung sind, dass Piraterie unethisch oder gar ungesetzlich ist - einige unterstützen sie sogar.

Wie TorrentFreak berichtet, haben die Studien-Autoren Dariusz Jemielniak und Malgorzata Ciesielska ein Jahr lang an der Bostoner Universität verbracht und dort Interviews durchgeführt. Ziel war es, herauszufinden, wie diese Juristen die derzeitigen Urheberrechtsgesetze und die Zulässigkeit digitaler Piraterie beurteilen. Zusätzlich dazu wollten die Studienautoren wissen, wie die Rechtsexperten die Zukunft von Urheberrechten beurteilen.

Raubkopierer sind Verbrecher

Das Ergebnis war eindeutig, die Harvard-Juristen haben eine mehr als tolerante Sicht auf Piraterie, dort heißt es: "Unsere Studie zeigt, dass Juristen mit hohen berufsethischen Standards und Erwartungen an gesetzestreues Verhalten, einem überdurchschnittlichen Rechtsverständnis und einem überdurchschnittlichen sozioökonomischen Status digitale Piraterie nicht mit physischem Diebstahl gleichsetzen und im Allgemeinen sehr tolerant sind oder sie sogar unterstützen."

Das gilt wohlgemerkt aber nur für Nutzer, nicht für die Betreiber von Piraterie-Webseiten. Es besteht also sehr wohl ein Unterschied zwischen privater und gewerbsmäßiger Piraterie. Von den 50 befragten Juristen waren gerade einmal drei der Meinung, dass Herunterladen und Streamen von digitalen Inhalten "absolut illegal und inakzeptabel" seien.

Verfügbarkeit entscheidend

Ein wichtiger Punkt ist die Verfügbarkeit von digitalen Inhalten: Wenn es keine Möglichkeit gibt, diese legal zu konsumieren, betrachten viele die Piraterie als legitime Option, sogar für sich selbst. Es gibt allerdings Unterschiede, um welche Art der Piraterie es sich handelt: Den Download von Software, speziell für kommerzielle Zwecke, halten die meisten für inakzeptabel.

Ähnliches gilt für Bücher, mit einer Ausnahme: akademische und pädagogische Inhalte, hier sind die meisten der Ansicht, dass der Zugang zu Wissen frei und ungehindert sein sollte.

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