Die Ukraine bemüht sich darum, Russland vom globalen Netz abzuschneiden. Dafür hat das Land sich mit entsprechenden Ersuchen an die zentrale Organisation gewandt, die für den Betrieb des Internets zuständig ist. Experten sehen die Bemühungen kritisch.
Russland wäre fast vollständig abgeschnitten vom internationalen Netz
Wie kann man Russland weiter unter Druck setzen, um den Angriffskrieg auf die Ukraine zu stoppen? Die Ukraine bringt hier jetzt ein weiteres Werkzeug ins Spiel. In einem Antrag wendet sich das Land an die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN). Die Forderung: Der Widerruf der an Russland vergebenen Domains .ru, .рф und .su und die Abschaltung der entsprechenden Domain Name System (DNS)-Server. Die Folge wäre ein fast vollständiger Ausschluss Russlands aus dem globalen Netz.
Andrii Nabok, der ukrainische Vertreter des ICANN-Beratungsausschusses für Regierungsangelegenheiten, schreibt in seiner E-Mail weiter, dass Russland mit Cyberangriffen "die Kommunikationsmöglichkeiten der [ukrainischen] Bürger und der Regierung" behindere. Mit der beschriebenen Abschaltung könne man außerdem erreichen, "Propaganda und Desinformation zu verhindern".
Die ICANN, ansässig in Kalifornien, ist eine gemeinnützige Organisation, die sich der "operativen Stabilität des Internets" verpflichtet sieht. Gegenüber dem Rolling Stone bestätigt man, dass ein entsprechender Antrag der Ukraine eingegangen ist, will aber keine Stellungnahme liefern. Experten erwarten eine klare Ablehnung, da die Organisation politische Einflussnahme strikt vermeidet.
Experten sehen es kritisch
"Dies ist eine große Forderung der Ukraine", zitiert der Rolling Stone Justin Sherman, ein Mitarbeiter der Cyber Statecraft Initiative des Atlantic Council, das sich als Schnittstelle zwischen Geopolitik, Technologie und Sicherheit versteht. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass ICANN einfach nein sagen wird. Der Kreml verbreitet tonnenweise Propaganda und Desinformationen über die Ukraine, aber das ist nicht der richtige Weg, um dagegen vorzugehen."
Ähnlich sieht es auch Bill Woodcock, Experte für kritische Internet-Infrastruktur: "Wir wollen wirklich nicht, dass die ICANN sich als Schiedsrichter über das aufspielt, was die souveräne Kommunikation anderer Länder sein sollte."