Der Kontrast könnte krasser kaum sein: Im mexikanischen Tijuana, unweit der Grenze zur USA, ist ein neues Logistik-Verteilzentrum Amazons gebaut worden. Es steht dort nun inmitten einer Armuts-Siedlung, in der Menschen sich aus Holz, Blech und Pappe kärgliche Behausungen zusammengezimmert haben, um überhaupt ein Dach über den Kopf zu bekommen.
Solche Bilder kennt man bisher eher aus Science Fiction-Filmen, die in einer nicht gerade freundlichen Zukunft spielen. Und einen Hauch Science Fiction versuchte Amazon-Gründer Jeff Bezos, dessen Konzern das 21-Millionen-Dollar-Bauwerk in das Armenviertel setzte, mit seinem jüngsten Weltraum-Abenteuer ohnehin zu verbreiten.
Amazon sieht in der Ansiedlung kein Problem - im Gegenteil. Man spricht von den Vorzügen, die die Sache für die umliegenden Regionen hat. Immerhin werden ja Arbeitsplätze geschaffen, 250 Menschen sollen es in Tijuana erst einmal sein, die direkt von Amazon zum Mindestlohn von 10,70 Dollar pro Stunde angestellt werden. Dies wäre für einen Bewohner der umliegenden Hütten tatsächlich eine ordentliche Summe.
Allerdings dürften die Menschen, die im Slum leben, wenn überhaupt, dann bei einem der verschiedenen Sub-Unternehmer Arbeit finden, die die Lieferungen für Amazon übernehmen. Und hier sind die Arbeitsbedingungen in der Regel wesentlich schlechter als direkt beim Konzern. Generell ist die Lage der Amazon-Beschäftigten in Mexiko kaum mit dem in Industriestaaten vergleichbar. In keinem der neun Logistikzentren in dem Land gibt es beispielsweise eine gewerkschaftliche Organisation der Beschäftigten, die auch Mindeststandards in Sachen Kündigungsschutz oder Krankenversorgung durchsetzen könnte.