Activision Blizzard hat ein Problem: Denn es vergeht kaum ein Tag ohne neue Hiobsbotschaft. Nun wieder und auch die neuesten Vorwürfe sind schwerwiegend, denn in der Qualitätssicherung und dem Kundendienst herrschen offenbar katastrophale Arbeitsbedingungen.
Die Klage war nur der Anfang
Ende Juli brachte das Department of Fair Employment and Housing (DFEH) eine umfangreiche Klage auf den Weg, in der dem umsatzstärksten Spiele-Publisher der Welt Diskriminierung und sexueller Missbrauch vorgeworfen werden. Das Ganze betraf vor allem Blizzard, dort habe sich über die Jahre eine "Frat Boy"-Kultur wie in einer US-amerikanischen Studentenverbindung etabliert.
Activision Blizzard reagierte - um es vorsichtig zu formulieren - zunächst unbeholfen: Man dementierte die Vorwürfe und versuchte sie kleinzureden. Doch schnell stellte sich heraus, dass alles tatsächlich so ist. Mitarbeiter protestierten gegen das Management in offenen Briefen und Arbeitsniederlegungen. Der Publisher änderte daraufhin seine Strategie, es kam zu Entschuldigungen und Entlassungen.
Doch die Sache ist damit nicht ausgestanden, ganz im Gegenteil: In übereinstimmenden Berichten schreiben Polygon und Kotaku nämlich, dass die Abteilungen für Qualitätssicherung (Quality Assurance; QA) und Kundendienst über eine toxische Arbeitskultur klagen, Kotaku spricht von einem "Höllenloch".
Die Vorwürfe, die von zahlreichen aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern geäußert werden, sind schwerwiegend: So gebe es lange Arbeitszeiten und eine Bezahlung, von der man kaum leben kann. Dazu kommen Vorwürfe, wonach gegenüber LGBTQ-Mitarbeitern eine feindselige Einstellung herrscht.
Die Betroffenen sind in der Regel Leiharbeiter, sie sind also nicht direkt bei Activision Blizzard angestellt. Den Berichten zufolge sind das "hunderte Arbeiter", die unter Aufsicht einiger weniger regulärer Angestellter des Publishers Spiele wie Call of Duty testen. Dabei kommt es zu einer Rotation der Mitarbeiter. Die Zeitverträge laufen automatisch aus, nach einer dreimonatigen Pause werden die Personen dann erneut angeheuert.
Ein Faktor ist ein immer wieder vorkommender "Crunch": In der Zeit vor Veröffentlichung großer Titel sind die QA-Mitarbeiter gezwungen, sieben Tage die Woche und mindestens zehn Stunden pro Tag zu arbeiten. Einige Arbeitnehmer gaben an, dass sie in solchen Zeiten mit ihrer psychischen und physischen Gesundheit zu kämpfen hatten.
Ein freier Tag pro Monat
Mitarbeiter sagten etwa, dass sie im Vorfeld der Veröffentlichung von Call of Duty: Black Ops Cold War alle drei Wochen oder auch nur einmal im Monat einen Tag frei bekommen hätten. "Ich kenne einige Leute, die 28 Tage am Stück gearbeitet haben. Zwölf-Stunden-Schichten. Das war wahrscheinlich die chaotischste Zeit", so ein Insider.
Intern habe Activision Blizzard versucht, die jüngste DFEH-Klage als "Blizzard-Problem" darzustellen, doch hierzu gibt es nun entschiedenen Widerspruch, die toxische Arbeitskultur betreffe den ganzen Publisher und dessen Subunternehmen.
Gegenüber Kotaku hat sich Activision Blizzard zu einigen der Vorwürfen geäußert, allerdings ist hier wieder Leugnen und Ablenken angesagt: So bezeichnete man die "meisten" Überstunden als "freiwillig", zur schlechten Bezahlung meinte man ausweichend, dass "die Vergütung der QA-Mitarbeiter je nach Standort, Dienstalter, Erfahrung und Leistung variiert".