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Brexit: Briten wollen sich aus OneWeb einen Galileo-Ersatz basteln

Die britische Regierung versucht die konkreten Folgen des Brexit irgendwie in den Griff zu bekommen. Unter anderem plant man hohe Investitionen in eine bankrotte Satelliten-Firma, um den Verlust des Zugangs zur Satelliten-Navigation auszugleichen.
OneWeb
29.06.2020  08:45 Uhr
In der vergangenen Woche tauchten Berichte auf, nach denen die Administration unter Premierminister Boris Johnson rund 550 Millionen Euro in das Unternehmen OneWeb investieren und es so aus der Insolvenz holen will. Die Firma arbeitete eigentlich am Aufbau eines Satelliten-Netzes, mit dem weltweit Internet-Zugänge bereitgestellt werden können - ähnlich wie Starlink von SpaceX. In der britischen Regierung ist man allerdings der Ansicht, dass man die Systeme mit ein wenig Anpassung auch dazu bringen könnte, Daten für die präzise Standorterkennung zu liefern. Insbesondere im militärischen Bereich will man nämlich nicht von externen Anbietern abhängig sein, bei denen man sich nur als Dritter eingekauft hat - wie es beim US-amerikanischen GPS der Fall is.

Wie ein Regierungssprecher der BBC bestätigte, führe man Gespräche mit der britischen Raumfahrt-Industrie, um eigene Möglichkeiten zur Satelliten-Navigation zu bekommen. Konkreteres wurde allerdings nicht benannt. Von Airbus, einem der Anteilseigner an OneWeb, wurde allerdings erfreut berichtet, dass ein Gebot der Briten ein gutes Zeichen für alle Seiten ist. Die Satelliten-Firma hat ihren Sitz auf der Insel und kann damit in der nationalen Raumfahrt-Strategie eine wichtige Rolle spielen.

Experten winken ab

Zweifel gibt es unter Experten allerdings an der Vorstellung, dass OneWeb auch Navigationsdaten liefern könnte. Bleddyn Bowen, ein ausgewiesener Experte für Raumfahrt-Politik von der University of Leicester, winkt zumindest ab. Man sei dabei, die falschen Satelliten zu kaufen, erklärte er gegenüber der Tageszeitung The Guardian. Aus seiner Sicht hätten einige talentierte Lobbyisten bei OneWeb dafür gesorgt, dass man bei der Regierung glaubt, dass ein Umbau auf eine Navigations-Nutzlast möglich ist, um die Firma zu retten. In der Theorie mag das auch gut klingen, aber es gibt bisher keine Erfahrungen, ein solches Satelliten-Netz einfach einem anderen Zweck zuzuführen. "Das ist ein technologisches und wirtschaftliches Glücksspiel", so Bowen.

Es gibt beispielsweise gute Gründe, warum alle bestehenden Navigations-Systeme ihre Satelliten in mittleren Orbits um die 20.000 Kilometer Höhe positionieren. OneWeb betreibt seine Systeme hingegen in Höhen von nur 1200 Kilometern. Entsprechend würden sich die Anforderungen sehr stark von allem unterscheiden, was sich bewährt hat. Der Jeffries-Analyst für den Bereich, Giles Thorne, bezeichnete das Vorhaben daher als komplett sinnfrei. "So sieht es aus, wenn Nationalismus eine solide Industrie-Politik übertrumpft", sagte er. Grundsätzlich wäre es vermutlich einfacher und vielleicht sogar billiger, von Grund auf ein komplett neues Navigationssystem aus dem Boden zu stampfen.

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