'Wir können das nicht bauen': Tesla ist Autokonzernen um Jahre voraus

Christian Kahle, 18.02.2020 08:27 Uhr 117 Kommentare
Der Elektroauto-Hersteller Tesla wird nicht nur aufgrund seiner konse­quen­ten Ausrichtung auf die Elektromobilität weitere Erfolge feiern. Das Unternehmen ist den Konkurrenten aus der traditionellen Industrie auch bei Kernkomponenten um Jahre voraus. "Wir können das nicht bauen", erklärte ein Ingenieur eines großen japanischen Autoherstellers, als er in Zusammenarbeit und auf Initiative des renommierten Wirtschaftsblattes Nikkei einen Tesla Model 3 auseinanderbaute. Einen enormen Vorsprung hat die Firma von Elon Musk demnach vor allem durch ein zentrales Modul der Bordelektronik. Dieses wird vom Hersteller als "Hardware 3" bezeichnet und enthält unter anderem zwei KI-Chips, die dem Fahrzeug Fähigkeiten für das autonome Fahren geben.

Branchen-Insider gehen aktuell davon aus, dass die klassischen großen Automobilkonzerne um das Jahr 2025 in der Lage sein werden, vergleichbare Komponenten in großem Stil in ihre Fahrzeuge einzubauen. Angesichts dessen, dass moderne Autos hochgradig von der in ihnen steckenden Elektronik qualifiziert werden, muss man Tesla eingestehen, der Konkurrenz um Jahre voraus zu sein.

Natürlich wäre es theoretisch möglich, dass die Automobilkonzerne ihre enormen finanziellen Ressourcen heranziehen, und binnen überschaubarer Zeit vergleichbare Technik entwickeln. Allerdings würde es trotzdem dauern, bis man Tesla einholen könnte - da ja auch bei diesem die Entwicklung nicht stehen bleibt. Die "Hardware 1"-Generation kam auch erst 2014 in die ersten Fahrzeuge und gab den Autos in erster Linie Fähigkeiten, die einem besseren Spurassistenten entsprechen. Seitdem kamen jeweils nach gut zwei Jahren neue Generationen auf den Markt, so dass Hardware 3 heute Standard in den Tesla-Modellen ist.

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Auch ein strukturelles Problem

Und selbst wenn man die junge Firma aus den USA einholen würde, gäbe es ein anderes Problem: Die Aussage des japanischen Ingenieurs bezog sich nämlich nicht nur auf die technischen Möglichkeiten, sondern auch auf die Strukturen. Die Automobilkonzerne sind in jahrzehntelang gewachsenen Beziehungen eng mit den Zulieferern verwoben und verbauen ein ganzes Netz an verschiedenen Electronic Control Units (ECUs) in ihren Fahrzeugen. Würde man sich ein Beispiel an Tesla nehmen, müsste man reihenweise Partner-Firmen in der Zulieferkette fallen lassen wie eine heiße Kartoffel. Das wird sich angesichts vieler tausend Arbeitsplätze, die daran hängen, niemand so einfach trauen.

In einem Tesla stecken viel weniger Komponenten und die Hardware 3-Einheit erledigt die Aufgaben einer ganzen Reihe von ECUs. Und auf den Modulen in den Elektroautos der Musk-Firma stehen auch nicht die Marken zahlreicher Zulieferer - sondern für gewöhnlich auch "Tesla". Das Unternehmen hat also auch die Entwicklung und Fertigung der Kernkomponenten komplett unter eigener Kontrolle und kann daher viel flexibler reagieren, als es den klassischen Automobilkonzernen möglich ist. Das Zulieferernetz, das über lange Zeit Garant für den wirtschaftlichen Erfolg der Branche war, macht diese nun unflexibel und zu langsam, um mit der Innovationskraft neuer Konkurrenten mitzuhalten, so das Fazit des Model 3-Teardowns.

Siehe auch: Tesla ist der weltgrößte Hersteller von E-Autos und trotzdem winzig
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