Der massive Druck aus den USA sorgt nun offenbar dafür, dass Huawei einen für das Überleben seiner hauseigenen Chip-Sparte HiSilicon unabdinglichen Partner verlieren könnte: den britischen Chip-Entwickler ARM. ARM soll seine Mitarbeiter angewiesen haben, jegliche Zusammenarbeit mit Huawei mit sofortiger Wirkung einzustellen.
Wie die BBC berichtet, hat ARM gegenüber seinen Mitarbeitern mitgeteilt, dass "alle aktiven Verträge, Support-Abkommen und alle weiteren Engagements" mit Huawei und seinen Tochterfirmen ab sofort zu stoppen sind. Damit soll der eigentlich aus Großbritannien stammende Chip-Entwickler, der hinter der für Smartphone-Prozessoren und diversen anderen Produkten unabdinglichen ARM-Architektur steht, sich dem jüngst durch die Trump-Regierung erlassenen Verbot der Zusammenarbeit mit Huawei durch amerikanische Firmen unterordnen wollen.
Ultimativer Schlag gegen Huawei in Sachen Hardware
ARM liefert mit seinen Cortex-Architekturen und diversen anderen Komponenten die Grundlagen für die Entwicklung von Prozessoren für Smartphones und andere mobile Geräte von Herstellern in aller Welt. Huawei entwickelt mit seiner "HiSilicon" genannten Chipsparte seit gut 28 Jahren eigene Prozessoren und ist mit der Kirin-Serie in Smartphones in Sachen Performance und Effizienz durchaus konkurrenzfähig. Man war zuletzt sogar der erste Hersteller, der die jüngsten ARM-Architekturen in kommerziellen Produkten einsetzte.
ARM begründet das Ende der Zusammenarbeit mit Huawei in einem internen Memo laut dem Bericht damit, dass die Chip-Designs des Unternehmens Technologien enthalten, die aus den USA stammen sollen. Huawei ist Lizenznehmer von ARM und war so bisher dazu berechtigt, ARM-Architekturen für seine hauseigenen Prozessoren für allerhand verschiedene Geräte zu nutzen.
Aktuelle Chips dürfen weiter gebaut werden, neuer Kirin 985 ebenso
Dem Bericht zufolge soll Huawei weiterhin Chips auf Basis bestehender Designs bauen dürfen, so dass auch der High-End-Prozessor Kirin 980 und HiSilicons weniger leistungsfähige Smartphone-CPUs zunächst weiter gefertigt werden können. Auch der für den weiteren Jahresverlauf erwartete Kirin 985 soll "nicht von der US-Blockade betroffen" sein. Die darauf folgende Chipgeneration sei aber noch nicht fertiggestellt und müsse daher wahrscheinlich von Grund auf neu entwickelt werden.
Das Hauptquartier von ARM befindet sich in der englischen Stadt Cambridge. Das Unternehmen galt bis zu seiner Übernahme durch den japanischen Investor Softbank als größte Technologiefirma Großbritanniens. Rein rechtlich befindet sich der Sitz von ARM allerdings in den USA, wo man auch acht eigene Entwicklungsstandorte betreibt. Ein Gutteil der Arbeit hinter den Designs für ARMs Chip-Architekturen stammt unter anderem aus Austin in Texas. Das US-Hauptquartier des Unternehmens befindet sich in San Jose, Kalifornien. Darüber hinaus gibt es neben Austin auch noch Standorte in Washington, Arizona und Massachussetts.
'Unglückliche Situation': ARM untersagt Kontakt zu Huawei-Mitarbeitern
ARM soll seine Mitarbeiter bereits am 16. Mai über die Entscheidung informiert haben, die eine direkte Folge des durch das US Department of Commerce erlassenen Verbots der Zusammenarbeit amerikanischer Firmen mit Huawei ist. Der BBC liegt nach eigenen Angaben ein internes Rundschreiben vom 18. Mai 2019 vor, in dem die Auswirkungen des Export-Verbots an Huawei ausführlich dokumentiert sind. Trotz der von der US-Regierung erteilten "Temporary General License" soll es ARM-Mitarbeitern noch nicht wieder erlaubt sein, mit Huawei zusammenzuarbeiten. ARM äußerte sich bisher noch nicht offiziell. Auch Huawei war auf Anfrage noch nicht zu einer offiziellen Stellungnahme zu dem Thema bereit.
In dem internen Rundschreiben ist von einer "unglücklichen Situation" die Rede, wegen der man nicht mehr mit Huawei zusammenarbeiten dürfe. Mitarbeiter, die in Kontakt mit Huawei-Angestellten treten, sollen dies "höflich ablehnen und beenden", um eine persönliche Haftung für den Bruch von US-Regelungen zu vermeiden. Erst vor wenigen Wochen hatte Huawei den Bau eines Entwicklungszentrums in direkter Nachbarschaft des ARM-Hauptquartiers in Großbritannien angekündigt.
Update 14:20 Uhr: Huawei hat überraschend schnell, wenn auch ohne viel Inhalt, auf die jüngsten Berichte über die Suspendierung der Zusammenarbeit auf Seiten des Chipdesigners ARM reagiert. In einer Stellungnahme gegenüber den Medien erklärte der chinesische Hersteller, dass man die engen Beziehungen zu seinen Partnern sehr schätze, aber durchaus erkenne, dass auf einigen dieser Partner enormer Druck lastet, der von politisch motivierten Entscheidungen ausgeht.
Huawei erklärte weiter, dass man zuversichtlich sei, dass sich die bedauernswerte aktuelle Situation lösen lasse. Es sei weiterhin die wichtigste Priorität des Unternehmens, Technologie und Produkte auf Weltklasse-Niveau zu liefern, die Kunden in aller Welt zur Verfügung stehen sollten.
Update: 00:20 Uhr: ARM hat inzwischen in einer Stellungnahme gegenüber den Kollegen von The Verge und einigen anderen englischsprachigen Medien bestätigt, dass man die Kooperation mit Huawei eingestellt hat. Das Unternehmen erklärte, dass man sich an die jüngsten Einschränkungen halte, die von der US-Regierung erlassen wurden und führe laufende Gespräche mit den zuständigen Behörden, um eine Einhaltung der Vorgaben zu gewährleisten.
ARM sagte außerdem, dass man "die Beziehung mit dem langjährigen Partner HiSilicon" schätze und "auf eine schnelle Lösung der Angelegenheit hofft". Damit ist es offiziell: Huawei darf vorerst keine weiteren ARM-Designs einkaufen und eigene Chips auf deren Basis entwickeln und vermarkten. Der chinesische Hersteller kann nun wohl noch nicht einmal neue Chips auf ARM-Basis entwickeln, sondern nur noch seine bestehende Palette an mobilen SoCs nutzen.
Wichtige Updates zum Thema: Derzeit erreichen uns stetig immer mehr Details und offizielle Statements zum vorläufigen Entzug der Huawei-Android-Lizenz und der möglichen Beendigung der Zusammenarbeit seitens US-amerikanischen Unternehmen, die wir in folgenden Artikeln separat aufbereitet haben.
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