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Chinesische Livestream-Plattform für Überwachungskameras schaltet ab

Chinesen sind Überwachung eigentlich gewohnt und nehmen sie teil­nahms­los hin, mag hierzulande mancher denken. Aber auch die Bürger im Reich der Mitte kennen bei dem Thema eine Schmerzgrenze. Eine vom IT-Unternehmen Qihoo 360 betriebene Streaming-Plattform für Über­wa­chungs­ka­me­ras wird nach massiven Beschwerden jetzt ab­ge­schal­tet.
Qihoo
20.12.2017  13:59 Uhr
Auf der Shuidi genannten Streaming-Plattform waren bislang Liveübertragungen der von Qihoo 360 vertriebenen "360 Smart Cameras" frei im Netz zugänglich gewesen. Die mit mi­ni­ma­lem Aufwand installierbaren Wlan-Kameras übertrugen einen Livestream an die von Qihoo 360 betriebene Plattform im Netz, auf der man die Bewegtbilder dann vom PC oder Smart­phone aus verfolgen konnte. Das Angebot wurde von vielen Chinesen genutzt, welche die Kameras als Webcams in Radiostationen, Supermärkten, Sportzentren und sogar auf Privatanwesen einsetzten. Auf der Streaming-Plattform konnte man den genauen Standort der einzelnen Kameras auf einem Kartendienst einsehen und die Nutzer sich mittels einer Kommentarfunktion über das aktuell Gezeigte austauschen.

92-jährige sorgt für Abschaltung

Die Shuidi-Kameras standen schon länger in der Kritik. Zur Abschaltung des Dienstes kommt es aber jetzt erst nach einem Proteststurm, aus­gelöst durch einen viralen Artikel über eine alte Frau, die sich vehement über die Kameras beschwerte."92-jährige Lady Zhou Hongyi: Hört auf uns anzuglotzen", titelte der Text, und wies darauf hin, dass die von Kameras gefilmten Personen oftmals keine Kenntnis über die Live­streams hätten. Qihoo 360 entschied in der Folge nach einigen internen Debatten für die komplette Abschaltung der Streaming-Platt­form.

Interessant an der Geschichte ist, dass die Abschaltung quasi freiwillig erfolgt, und nicht etwa durch die Behörden angeordnet wurde. Diese sieht das Thema Privatsphäre und Kameras ja bekanntlich deutlich unproblematischer und als probates Mittel an, um seine Bürger mög­lichst flächendeckend zu überwachen. In der Hauptstadt Peking werden bereits seit 2015 quasi 100 Prozent aller öffentlichen Bereiche überwacht und 2016 waren in China bereits 176 Millionen Überwachungskameras in Betrieb gewesen. Aktuell baut das Land eine Datenbank für ein System zur flächendeckenden Gesichtserkennung mit 626 Millionen Kameras auf, die jeden der 1,3 Milliarden Einwohner innerhalb von nur drei Sekunden identifizieren können.
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